Strategie

26.01.2022

Rebrandings im Zuge einer stringenten Markenarchitektur​

In einem vorherigen Beitrag habe ich erläutert was eine Markenarchitektur ist, welche Formen sie haben kann und was deren Vor- und Nachteile sind. Gerade für stark angewachsene Unternehmen, mit vielen – eventuell eingekauften – Tochterunternehmen oder Produktmarken kann es notwendig werden, die Außendarstellung dieser zu verändern. Richtig umgesetzt, kann dies einer stringenten Customer Experience zugutekommen und im Zusammenspiel mit anderen Marken innerhalb der Markenarchitektur zu Vorteilen und Synergieeffekten führen.
Rebranding

Change, aber richtig

Natürlich kann ein Unternehmen einem Tochterunternehmen dabei nicht einfach ein neues Logo, einen neuen Namen oder gar eine neue Kultur auferlegen, Stichwort Changemanagement. Oft haben hinzugekaufte Unternehmen eine eigene, lange Geschichte, einen Kundenstamm mit einem etablierten Vertrauensverhältnis und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sich über die Brand mit dem eigenen Unternehmen identifizieren.

Ich möchte in diesem Artikel auf zwei Aspekte einer gut durchdachten Rebranding-Strategie eingehen: Außenwahrnehmung und Innenwahrnehmung. Rechtliche Beschränkungen des Rebrandings bestehen ebenfalls, sollen hier jedoch nur kurz thematisiert werden.

Einfache vs. Qualifizierte Mehrheit

Ob eine Marke komplett oder nur teilweise verändert werden kann, um einer stringenten Markenarchitektur zu entsprechen, hängt wesentlichen von rechtlichen Faktoren ab. Hält das Mutterunternehmen eine einfache Mehrheit (50,1 bis 75 %) sind „nur“ Änderungen des Corporate Designs oder Namenszusätze wie „Ein Marke von XY“ möglich. Mit einer qualifizierten Mehrheit (ab 75,1 %) können Namen von Marken und Unternehmen für gewöhnlich komplett verändert werden.

Markenarchitektur

Die Kundschaft nicht vor den Kopf stoßen

Kundinnen und Kunden haben zu einer Marke oft über viele Jahre hinweg ein Vertrauensverhältnis aufgebaut. Über die Vorzüge einer starken Marke wurde bereits viel geschrieben. Klar ist, dass beim Rebranding für die Kundenbeziehung viel Potenzial für Irritation oder Enttäuschung steckt. Je nach Unternehmen/Branche kommen dann so fragen auf wie: „Ist das noch das gleiche Unternehmen?“, „Ist das ein anderes Produkt als das, was ich letzten Monat noch gekauft habe?“, „Was bedeutet das für meinen Vertrag mit dem Unternehmen?“ Es ist daher wichtig, auf solche Fragen vorab Antworten zu entwickeln und diese in der Strategie für das Rebranding zu berücksichtigen.

Jeden und Jede mitnehmen

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor allem dann von Anfang an „mitgenommen“ werden sollten, wenn eine stringente Markenarchitektur angestrebt wird und es dafür Rebranding-Maßnahmen geben soll. Es ist selten damit getan, der eigenen Belegschaft die Entscheidung vorzusetzen, dass das eigene Unternehmen nun anders heißt und in der E-Mail-Signatur nun ein anderes Logo auftaucht. Die eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter müssen Lust auf den Change-Prozess und die neue Marke entwickeln. Schließlich sind sie es oft, die ein Unternehmen nach außen hin repräsentieren – sei es im Kundenservice, im Accounting, im Handwerk oder im Verkauf – je nach Branche.

Von einem frühen und transparenten Informationsfluss abgesehen, kann auch mit anderen Maßnahmen interner Kommunikation Begeisterung gegenüber einer neuen Marke geschaffen werden. Ein paar dieser Maßnahmen sind:

  • Hochwertige neue Arbeitskleidung oder Corporate Merchandise, über den sich Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen wirklich freuen
  • „Welcome“ Packages, mit persönlichem Anschreiben und kleinen Geschenken – denkbar auch in Kombination mit Merchandise
  • Eine Social Media-Kampagne, die das Rebranding kommuniziert und in der die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen ein Teil sind oder diese sogar mitgestalten
  • Workshops und E-Learnings, bei denen sich Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen interaktiv oder gar spielerisch mit dem neuen Branding und ggf. der neuen Kultur beschäftigen können

Schritt für Schritt ans Ziel

Es kann richtig sein, den Übergang zu einer neuen Marke schrittweise vorzunehmen. Dies zeigt sich anhand folgenden Beispiels.

Ein Konzern aus dem Dienstleistungsbereich kauft einen ehemaligen kleineren Mitbewerber auf. Im Zuge einer optimalen Markenarchitektur (vgl. „LINK“) strebt der Konzern nun mit dem neuen Tochterunternehmen eine Eingliederung in die bestehende Branded House-Architektur an – so weit so normal. Das Corporate Design und der Name des Tochterunternehmens unterscheiden sich merkbar vom neuen Mutterkonzern. Es wäre vermutlich unklug, nun kurz und schmerzlos von einem Tag auf den anderen alles anders zu machen. Ein Beispiel dafür war die Pressemitteilung „Raider heißt jetzt Twix“– wobei Raider wenigstens auch schon die gleichen Corporate Farben hatte, was bei aufgekauften Wettbewerbern selten der Fall ist. Mitarbeitende und Bestandskunden des gekauften Unternehmens wären vermutlich irritiert. Stattdessen kann es sinnvoll sein, erst über einen Endorsed Brand-Ansatz eine mehrjährige Übergangsphase zu gewähren.  

Auch Vodafone nutzte für einige Zeit eine Übergangsphase, bevor sie Unitymedia aufgelöst und in Vodafone integriert haben.

Bildquellen: Wikipedia, Vodafone, Digitalfernsehen.de

Patrick Auer
Über Patrick Auer:

Als Fullstack Developer arbeitet Patrick primär an umfangreichen Weblösungen auf Basis von pimcore und entwickelt State-of-the-Art CX-Lösungen für unsere Kundinnen und Kunden. Die Besonderheit dabei: Von Haus aus ist er Software-Entwickler für die Mensch-Computer-Schnittstelle und vereint durch seine besonderen Kenntnisse Kreation, UX und Entwicklung.